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„In unseren Adern fließt Tee, nicht Blut“

Interview zwischen Ashok Lohia (Chamong) und Anne Hessenland (Naturland)

Ihre Familie ist bereits seit sechs Generationen im Teegeschäft. Vor der sogenannten grünen Revolution wurde der Tee nach traditionellen Anbaumethoden kultiviert. Wie zeigen sich die Einwirkungen der modernen Landwirtschaft?

Ja, unsere Familie pflegt eine lange Teetradition. Seit 1916 sind wir in Assam und seit 23 Jahren in der Darjeeling Tee Industrie. 1965/66 wurden Chemikalien eingeführt, um die Produktion zu steigern und die Kosten niedrig zu halten. Die Bauern wussten jedoch von Anfang an, dass durch die Produktionssteigerung mit Chemie die Qualität und der Geschmack leiden werden. Und dass am Ende in der Tasse statt Tee gefärbtes Wasser sein wird – ohne Geschmack. Um zu überleben gab es jedoch keine andere Alternative. Die Verwendung von chemischen Düngemitteln hatte den Boden kraftlos gemacht und in den Bergen von Darjeeling wurden die obersten Erdschichten weggespült. Das Produktionswachstum stagnierte und die Regeneration erforderte ökologische Vorgehensweisen.

Was gab Ihnen den Anstoß auf ökologische Landwirtschaft umzustellen?

Dem angesehenen Teeverkoster, Ranjeet Choudhary, aus der Tocklai Tee Forschungsstation, war es möglich, allein durch Nippen den Namen der Region festzustellen, aus der der Tee kam. Sein Geschmackssinn war so empfindlich, dass er sogar einst zu einem Teegarten Leiter gesagt hat: „Halte deine Hunde fern!“, nachdem der Tee den Geruch der Hunde angenommen hatte. Tee ist sehr empfindlich. Bei einem Prozess der Qualitäts- und der Geschmackssicherung des Darjeeling Tees, kam er zu der Ansicht, eine Verschlechterung des Geschmacks nach der Verwendung von Chemikalien zu bemerken. Daher war er der festen Überzeugung auf Öko-Landbau umzustellen. 1993 haben wir diese Entscheidung dann bewusst getroffen, um die Plantagen zu retten und die Qualität zu verbessern. Ich habe mir gedacht, wenn es meine Vorfahren geschafft haben, mit ökologischer oder besser gesagt: traditioneller Landwirtschaft, also ohne den Einsatz von Chemikalien, in Assam gute Teewirtschaft zu betreiben, warum sollte es nicht möglich sein, diese Praxis auch in Darjeeling anzuwenden. Also haben wir in beiden Regionen jeweils ein Projekt gestartet. Seit dem haben sich Böden, Flora, Fauna sowie die Teequalität verbessert. Die Produktion ist jedoch zurück gegangen. Ich bin der festen Überzeugung, dass wenn der chemische Einsatz niemals stattgefunden hätte, die Pflanzen in einem viel besseren Zustand wären. Wegen eben dieser Verwendung ist das Reproduktionssystem der Pflanzen schwach geworden. Aber wenn sie neue Wurzeln gebildet haben, wird es sich wieder regenerieren. Der Boden muss in Zukunft durch guten Mischanbau und Fruchtfolgewirtschaft geschützt werden. Das Gift muss aus den Pflanzen ausgeleitet und der Prozess als homöopathisch gesehen werden. Wir sind optimistisch.

Vor den Siebzigern wurde die Landwirtschaft in einem traditionellen Weg betrieben. In wie weit ist dieses Wissen in der ökologischen Landwirtschaft integriert?

Zum damaligen Zeitpunkt war der Boden nicht schwach und ausgelaugt. Daher ist das Wissen der traditionellen Landwirtschaft begrenzt. Unsere Position ist nun die eines Reha-Zentrums und nimmt auf jeden Fall mehr Arbeit in Anspruch. Die Öko-Plantagen sind wie Ayurveda Zentren für die Pflanzen mit Yoga oder Homöopathie. Mein Freund Andre Vollers hatte mir einst gesagt: „Oberstes Gebot, um im Öko-Bereich erfolgreich zu sein, ist, dass man ehrlich zu sich selber ist.“ Von daher haben wir Vertrauen in das, was wir gerade machen.

Die Chamong Gruppe hat insgesamt 10.000 Mitarbeiter in Assam und Darjeeling angestellt. Wie gewährleisten Sie, dass diese zufrieden sind und bei Ihrer Firma bleiben?

Unsere Firmenphilosophie besagt: „Nur ein zufriedener Angestellter wird die Produktion und Qualität steigern“. Meine Mutter war sehr spirituell. In Indien ist es die Verpflichtung des Sohnes, die Eltern auf eine Pilgerreise zu begleiten. Da meine Mutter krank war, konnte sie keine Tempel besuchen. Eines Tages fragte ich sie, welche gute Tat sie stattdessen tun wolle. Sie sagte: „Da ich nicht reisen kann, möchte ich von dir, dass nach meinem Tod jegliche Wohltätigkeit unseren Angestellten zugutekommt, da Du ihr Beschützer bist“.

Mit freundlicher Genehmigung von Naturland.